Das Buch
David Foster Wallace wurde 2005 darum gebeten, vor Absolventen des Kenyon College eine Abschlussrede zu halten. Diese berühmt gewordene Rede gilt in den USA mittlerweile als Klassiker und Pflichtlektüre für alle Abschlussklassen – eine kleine Anleitung für das Leben, die man jedem Hochschulabsolventen und jedem Jugendlichen mit auf den Weg geben möchte.
Was bedeutet es eigentlich, erwachsen zu sein, und wie können Menschen ihre Standardeinstellung, dass sich alles im Leben erst mal um sie selbst dreht, durchbrechen, um ein sinnvolleres und stressfreieres Dasein zu führen? David Foster Wallace zeigt in dieser kurzen Rede mit einfachen Worten, was es heißt, denken zu lernen und erwachsen zu sein.
Eine frappierende Weisheit, eine entwaffnende Moral und der Aufruf zu mehr Empathie – es wird keinen Leser geben, der sich dem Zauber von Wallace' Darlegung entziehen kann.
Der Autor
David Foster Wallace, 1962 geboren, gilt als einer der wichtigsten Vertreter der amerikanischen Literatur. Zahlreiche Veröffentlichungen, u.a. »Schrecklich amüsant«. Sein berühmtester Roman, »Unendlicher Spaß«, hat sich bisher über 100000 Mal verkauft. Die Übersetzung seines letzten Romans »The Pale King« ist in Vorbereitung. David Foster Wallace starb am 12. September 2008.
Der Übersetzer
Ulrich Blumenbach hat Romane, Essays und Erzählungen von Agatha Christie, Kinky Friedman, Stephen Fry, Jack Kerouac, Arthur Miller, Will Self, Tobias Wolff und anderen ins Deutsche gebracht. Für die Übersetzung von David Foster Wallace' Roman »Unendlicher Spaß« wurde er u.a. mit dem Hieronymusring 2009, dem Übersetzerpreis der Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Stiftung 2009 und dem Übersetzerpreis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet.
David Foster Wallace bei Kiepenheuer & Witsch
Kleines Mädchen mit komischen Haaren, Storys, 2001. Kurze Interviews mit fiesen Männern, Storys, 2002. Der Besen im System, Roman, 2004. In alter Vertrautheit, Storys, 2006. Vergessenheit, Storys, 2008. Unendlicher Spaß, Roman, 2009. Am Beispiel des Hummers, 2010. Alles ist grün, Storys, 2011.
Gedanken zu einer
Lebensführung der
Anteilnahme
vorgebracht bei einem
wichtigen Anlass
David Foster Wallace
Das hier ist Wasser / This Is Water
Aus dem amerikanischen Englisch von Ulrich Blumenbach
Kiepenheuer & Witsch
18. Auflage 2016
Titel der amerikanischen Originalausgabe: This Is Water
©2009 by David Foster Wallace Literary Trust
Aus dem amerikanischen Englisch von Ulrich Blumenbach
©2012, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln
ISBN 978-3-462-04418-8
Im Jahr 2005 wurde David Foster Wallace
gebeten, vor dem Abschlussjahrgang des
Kenyon College über ein Thema seiner Wahl
zu sprechen. Es ist die einzige solche Rede,
die er je gehalten hat.
9Schwimmen zwei junge Fische des Weges und treffen zufällig einen älteren Fisch, der in die Gegenrichtung unterwegs ist. Er nickt ihnen zu und sagt: »Morgen, Jungs. Wie ist das Wasser?« Die zwei jungen Fische schwimmen eine Weile weiter, und schließlich wirft der eine dem anderen einen Blick zu und sagt: »Was zum Teufel ist Wasser?«
Der Rückgriff auf kleine didaktische Parabeln ist bei einer Rede vor US-amerikanischen Uni-Absolventen unentbehrlich. Dass eine Parabel vorkommen muss, ist noch eine der besseren, 10nicht so verlogenen Konventionen dieser Textsorte … aber wenn Sie Angst haben, ich wollte hier den weisen alten Fisch abgeben, der Ihnen erklärt, was Wasser ist, darf ich Sie beruhigen. Ich bin nicht der weise alte Fisch.
Die naheliegende Pointe der Fischgeschichte ist, dass die offensichtlichsten, allgegenwärtigsten und wichtigsten Tatsachen oft die sind, die am schwersten zu erkennen und zu diskutieren sind. Als Aussagesatz ist das natürlich eine Plattitüde – Tatsache ist aber, dass Plattitüden in den alltäglichen Grabenkämpfen des Erwachsenendaseins eine lebenswichtige Bedeutung haben können. Das jedenfalls möchte ich Ihnen an diesem sonnigen Tag nahelegen.
Die wichtigste Bedingung einer solchen Rede ist natürlich, dass ich über die Bedeutung Ihrer geisteswissenschaftlichen Ausbildung spreche, dass ich Ihnen erkläre, warum der Abschluss, den Sie heute erlangen, echten Wert an sich hat und sich nicht nur materiell auszahlt. Reden wir also über das weitverbreitete Klischee der 11Textsorte Abschlussrede, dem zufolge ein Studium der Geisteswissenschaften Sie weniger mit Wissen vollstopft als Ihnen »das Denken beibringt«. Wenn Sie Studenten sind, wie ich einer war, ging Ihnen dieser Spruch schon immer gegen den Strich, und Sie kränkt die Unterstellung, Sie müssten das Denken noch lernen, denn schließlich sei die Tatsache, dass ein so gutes College Sie zugelassen habe, doch wohl Beweis genug, dass Sie schon denken konnten.
Ich möchte hier einmal festhalten, dass das geisteswissenschaftliche Klischee beileibe keine Kränkung ist, denn die wirklich wichtige Ausbildung im Denken, um die es in Institutionen wie dieser geht, betrifft gar nicht die Fähigkeit zu denken, sondern die Entscheidung für das, worüber es sich nachzudenken lohnt. Sollte Ihre umfassende Entscheidungsfreiheit in Bezug auf Denkinhalte Ihnen so klar sein, dass jedes weitere Wort darüber reine Zeitverschwendung ist, möchte ich Sie bitten, an Fische und Wasser zu denken und Ihre Zweifel am Wert 12des absolut Offensichtlichen ein paar Minuten zurückzustellen.
Ich habe da noch eine kleine didaktische Parabel.
Sitzen zwei Männer in einer Bar irgendwo in der Wildnis von Alaska. Der eine ist religiös, der andere Atheist, und die beiden diskutieren über die Existenz Gottes mit dieser eigentümlichen Beharrlichkeit, die sich nach dem, sagen wir mal, vierten Bier einstellt. Sagt der Atheist: »Pass auf, es ist ja nicht so, dass ich keine guten Gründe hätte, nicht an Gott zu glauben. Es ist nämlich nicht so, dass ich noch nie mit Gott oder Gebeten experimentiert hätte. Letzten Monat erst bin ich weit weg vom Camp in so einen fürchterlichen Schneesturm geraten, ich konnte nichts mehr sehen, hab mich total verirrt, vierzig Grad unter null, und da hab ich's gemacht, ich hab's probiert: Ich bin im Schnee auf die Knie und hab geschrien: ›Gott, wenn es dich gibt, ich stecke in diesem Schneesturm fest und sterbe, wenn du mir nicht hilfst!‹«
13Der religiöse Mann in der Bar schaut den Atheisten ganz verdutzt an: »Na, dann musst du doch jetzt an ihn glauben«, sagt er. »Schließlich sitzt du quicklebendig hier.«
Der Atheist verdreht die Augen, als wäre der religiöse Typ der letzte Depp: »Quatsch, Mann, da sind bloß zufällig ein paar Eskimos vorbeigekommen und haben mir den Weg zurück ins Camp gezeigt.«
Diese Geschichte lässt sich unschwer einer geisteswissenschaftlichen Standardanalyse unterziehen: Ein und dieselbe Erfahrung kann für zwei unterschiedliche Menschen unterschiedlichen Sinn haben, wenn die beiden über verschiedene Glaubensschablonen verfügen und auf verschiedene Weisen aus Erfahrungen Sinn konstruieren. Da Toleranz und Glaubensvielfalt uns so viel bedeuten, würden wir in unserer geisteswissenschaftlichen Analyse niemals zu behaupten wagen, die Interpretation des einen Mannes sei wahr und die des anderen falsch oder schlecht. Was ja gut und schön 14ist, nur reden wir dann auch nie darüber, wo die jeweiligen Schablonen, der jeweilige Glaube herkommt, will sagen, wo im Inneren der beiden Männer diese ihren Ort haben. Als wäre die grundlegende Sicht eines Menschen auf die Welt und den Sinn seiner Erfahrungen irgendwie automatisch in ihm verdrahtet wie Körper- oder Schuhgröße, oder als würden sie wie die Sprache von der Kultur vorgegeben. Als wäre unsere Konstruktion von Sinn keine Frage der persönlichen und ausdrücklichen Wahl, der bewussten Entscheidung.
Hinzu kommt die Arroganz.
Der nicht religiöse Mann ist absolut und unausstehlich selbstsicher im Abtun der Möglichkeit, dass die Eskimos etwas mit seinem Stoßgebet zu tun haben könnten. Wobei es zugegebenermaßen auch viele religiöse Menschen gibt, die ihrer Interpretation auf arrogante Weise sicher sind. Sie sind wahrscheinlich noch abstoßender als die Atheisten, zumindest für die meisten der hier Anwesenden, 15aber Tatsache ist, dass religiöse Dogmatiker dasselbe Problem haben wie der Atheist in der Geschichte – Arroganz, blinde Gewissheit, eine Engstirnigkeit, die wie eine Gefängniszelle so absolut ist, dass der Häftling nicht mal merkt, dass er eingesperrt ist.
Ich glaube, das geisteswissenschaftliche Mantra, »das Denken zu lernen«, läuft im Grunde darauf hinaus, dass ich ein bisschen Arroganz ablege, ein bisschen »kritisches Bewusstsein« für mich und meine Gewissheiten entwickle … denn das Zeug, dessen ich mir automatisch sicher bin, erweist sich großenteils als total falsch und irreführend. Ich habe das auf die harte Tour gelernt, und ich fürchte, das werden Sie nach Ihrem Abschluss auch tun müssen.
Ich möchte Ihnen ein Beispiel geben für die komplette Unrichtigkeit von etwas, dessen ich mir automatisch sicher bin. Meine unmittelbare Erfahrung stützt meine tief sitzende Überzeugung, dass ich der absolute Mittelpunkt des 16Universums bin, der echteste, lebendigste und bedeutendste existierende Mensch. Wir denken selten über diese natürliche, grundlegende Selbstzentriertheit nach, weil sie sozial so abstoßend ist, aber im Grunde ist sie bei uns allen so ziemlich gleich. Sie ist unsere Standardeinstellung, die mit der Geburt in unseren psychischen Festplatten verdrahtet wird. Überlegen Sie mal: Sie haben nie eine Erfahrung gemacht, bei der Sie nicht im absoluten Mittelpunkt standen. Die Welt, die Sie erfahren, liegt vor Ihnen oder hinter Ihnen, links oder rechts von Ihnen, auf Ihrem Fernseher, Ihrem Monitor oder sonst wo. Die Gedanken und Gefühle anderer Leute müssen Ihnen irgendwie kommuniziert werden, aber Ihre eigenen sind unmittelbar, zwingend und wirklich. Sie wissen schon, was ich meine.
Bitte haben Sie keine Angst, ich will Ihnen hier keine Predigt über Mitgefühl, Außenorientiertheit und all die anderen sogenannten »Tugenden« halten. Es geht nicht um Tugend – 17es geht vielmehr darum, ob ich diese angeborene, fest verdrahtete Standardeinstellung irgendwie ändern oder überwinden möchte, diese tief sitzende und im wahrsten Sinne des Wortes zu verstehende Ichbezogenheit, deretwegen wir alles durch die Linse des Selbst sehen und interpretieren. Menschen, die ihre angeborene Standardeinstellung auf diese Weise anpassen können, werden oft als »gut angepasst« beschrieben, und meiner Meinung nach ist dieser Begriff kein Zufall.
Da wir uns hier in den heiligen Hallen der Wissenschaft befinden, stellt sich nun natürlich die Frage, inwiefern diese Anpassung unserer Standardeinstellung der Bildung oder des Intellekts bedarf. Die nicht weiter überraschende Antwort lautet, dass das von der Art besagter Bildung abhängt.
Das vielleicht Gefährlichste an einer akademischen Bildung ist – zumindest in meinem Fall -, dass es die Neigung zur Überinterpretation verstärkt. Ich verliere mich in Abstraktionen, 18statt auf das zu achten, was sich vor meiner Nase abspielt. Statt auf das zu achten, was sich in mir abspielt. Wie Sie alle garantiert längst wissen, ist es äußerst schwer, geistig rege und aufmerksam zu bleiben und sich von dem ständigen Monolog im eigenen Kopf nicht einlullen zu lassen. Sie wissen aber noch nicht, was bei diesem Kampf alles auf dem Spiel steht. In den zwanzig Jahren seit meinem eigenen Uni-Abschluss habe ich langsam, aber sicher begriffen, wie hoch dieser Einsatz ist, und verstanden, dass das geisteswissenschaftliche Klischee, einem »das Denken beizubringen«, in Wirklichkeit die Abkürzung einer sehr tiefen und wichtigen Wahrheit ist. »Selber denken lernen« heißt in Wirklichkeit zu lernen, wie man über das Wie und Was des eigenen Denkens eine gewisse Kontrolle ausübt. Es heißt, selbstbewusst und aufmerksam genug zu sein, um sich zu entscheiden, worauf man achtet, und sich zu entscheiden, wie man aus Erfahrungen Sinn konstruiert. Denn wenn Sie als Erwachsene 19diese Entscheidung nicht treffen wollen oder können, sind Sie angeschmiert.
Denken Sie mal an das alte Klischee, der Geist sei »ein ausgezeichneter Diener, aber ein schrecklicher Herr«. Oberflächlich betrachtet ist das nur ein weiteres lahmes und banales Klischee, aber auf den zweiten Blick birgt es eine große und schreckliche Wahrheit. Es ist keineswegs Zufall, dass Erwachsene, die mit Schusswaffen Selbstmord begehen, sich fast immer in den Kopf schießen. Und in Wahrheit sind die meisten dieser Selbstmörder eigentlich schon tot, lange bevor sie den Abzug drücken. Und ich behaupte, dass es beim wahren, nicht verscheißernden Wert Ihrer geisteswissenschaftlichen Ausbildung darum gehen sollte: Wie gelingt einem ein angenehmes, gut situiertes und respektables Erwachsenendasein, ohne dass man tot, gedankenlos und tagein, tagaus ein Sklave des eigenen Kopfes und der angeborenen Standardeinstellung wird, die vorgibt, dass man vor allem total auf sich allein gestellt ist? Das mag 20sich nach Übertreibung oder abstraktem Stuss anhören. Werden wir also konkret. Es ist eine schlichte Tatsache, dass Sie heute, am Tag Ihres Abschlusses, noch keine blasse Ahnung haben, was »tagein, tagaus« wirklich bedeutet. Über weite Teile des Erwachsenenlebens in Amerika spricht rein zufälligerweise kein Mensch in Abschlussreden. Teilweise besteht dieses Leben nämlich aus Langeweile, Routine und banaler Frustration. Ihre Eltern und die älteren Anwesenden werden nur zu gut wissen, was ich meine.
Nehmen wir beispielsweise den durchschnittlichen Tag eines Erwachsenen. Sie stehen morgens auf, gehen der anspruchsvollen Schreibtischarbeit eines Akademikers nach, schuften neun oder zehn Stunden lang, und bei Feierabend sind Sie müde und gestresst und wollen nur noch nach Hause, freuen sich auf ein gutes Abendessen, vielleicht noch ein paar Stunden Entspannung, und wollen dann früh in die Falle, weil das Ganze am Tag darauf 21ja von vorne losgeht. Aber dann fällt Ihnen ein, dass Sie nichts zu essen im Haus haben – wegen Ihrer anspruchsvollen Tätigkeit hatten Sie die ganze Woche noch keine Zeit zum Einkaufen -, also müssen Sie nach Dienstschluss erst mal zum Supermarkt fahren. Sie geraten in den Feierabendverkehr und brauchen weit länger als nötig, und wenn Sie den Supermarkt endlich erreichen, ist er brechend voll, weil natürlich alle Berufstätigen ihre Einkäufe in diese Tageszeit quetschen müssen, und im Laden herrscht dieses scheußliche Neonlicht, überall dudelt diese leidige Kaufhausmusik oder Kommerzpop, und Sie wünschen sich ans andere Ende der Welt, aber mit einer Stippvisite ist es leider nicht getan. Sie müssen durch all die riesigen, grell erleuchteten und verstopften Gänge wandern, bis Sie endlich alles zusammenhaben, und Sie müssen Ihren schrottigen Einkaufswagen an denen all der anderen erschöpften, hektischen Leute vorbeimanövrieren, und die Tapergreise bewegen 22sich im Tempo der Kontinentaldrift, und verpeilte Leute und ADHS-Teenager blockieren die Gänge, und Sie müssen die Zähne zusammenbeißen und möglichst höflich fragen, ob Sie mal durchkönnen, und wenn Sie zu guter Letzt alle Zutaten fürs Essen beisammenhaben, stellt sich heraus, dass nicht genug Kassen offen sind, obwohl die übliche Feierabendhektik herrscht, also sind die Schlangen unendlich lang. Was idiotisch ist und Sie fuchsteufelswild macht, aber Sie können Ihren Zorn nicht an der gehetzten Kassiererin auslassen, die völlig überarbeitet ist in einem Job, dessen tägliche Ödnis und Sinnlosigkeit unser aller Fantasie hier an dieser renommierten Universität übersteigt … aber schlussendlich kommen Sie an die Reihe, bezahlen Ihre Lebensmittel, warten darauf, dass das Lesegerät Ihre Kartenzahlung akzeptiert, und bekommen mit einer Stimme, die wie der leibhaftige Tod klingt, ein »Schönen Tag noch« mit auf den Weg gegeben. Und dann müssen Sie mit Ihren Lebensmitteln in 23den schauderhaften, hauchdünnen Plastiktüten im Einkaufswagen mit dem einen eiernden Rad, das immer so nervtötend nach links zieht, draußen über den ganzen überfüllten, holprigen, zugemüllten Parkplatz und die Tüten möglichst so im Wagen verstauen, dass nicht alles rausfällt und auf der Heimfahrt im Kofferraum herumkullert, und dann müssen Sie den ganzen Weg im zähen Stoßverkehr hinter all den Geländewagen her nach Hause fahren und so weiter und so fort …
Jeder von Ihnen hat das natürlich schon erlebt – aber bei Ihnen, die heute Ihren Abschluss machen, ist es noch nicht Tag für Woche für Monat für Jahr Teil des Alltagstrotts. Das wird es aber werden, zusammen mit zahllosen anderen trostlosen, nervenden und scheinbar sinnlosen Routinetätigkeiten.
Aber darum geht es nicht. Es geht darum, dass genau bei diesem banalen, frustrierenden Kleinkram die Arbeit des Entscheidens einsetzt. Denn im Stau, in den verstopften Gängen und 24in den Schlangen an der Kasse habe ich Zeit nachzudenken, und wenn ich mich nicht bewusst entscheide, woran ich denken und worauf ich achten möchte, werde ich beim Einkaufen jedes Mal sauer und niedergeschlagen sein, weil sich solche Situationen meiner angeborenen Standardeinstellung zufolge alle um mich drehen, um meinen Hunger, meine Erschöpfung und meinen Wunsch, bloß endlich nach Hause zu kommen, und es hat ganz den Anschein, als stünde die ganze Welt mir im Weg, und wer zum Teufel sind diese ganzen Leute, die mir im Weg stehen? Und wie abstoßend die meisten von denen aussehen, und wie dämlich, strohdoof, bräsig und nicht menschlich sie in der Kassenschlange wirken, oder wie grob und unhöflich es ist, dass sie mitten in der Schlange lauthals in ihre Handys sprechen, und ist das alles vielleicht nicht wahnsinnig ungerecht: Da habe ich mich jetzt den ganzen Tag lang krumm und lahm geschuftet, bin am Verhungern und todmüde, aber wegen all dieser blöden Rindviecher 25kann ich nicht mal nach Hause, was essen und ausspannen.
Wenn ich mich in einem sozial bewussteren und geisteswissenschaftlicheren Modus meiner Standardeinstellung befinde, kann ich mich im Feierabendverkehr natürlich auch aufregen über all diese riesigen, hirnrissigen, straßenblockierenden Geländewagen, Hummer und 12-Zylinder-Pick-ups, aus deren selbstsüchtigen, verschwenderischen 150-Liter-Tanks die Welt mit Abgasen verpestet wird, und ich kann mich eingehend mit der Tatsache befassen, dass die patriotischen oder religiösen Aufkleber grundsätzlich auf den größten, widerlichsten und egoistischsten Fahrzeugen kleben, in denen die hässlichsten, rücksichtslosesten und aggressivsten Fahrer am Steuer sitzen, die üblicherweise an ihren Handys hängen, während sie anderen den Weg abschneiden, bloß um im Stau zehn Meter weiter vorn zu stehen, und ich kann darüber nachdenken, wie unsere Kindeskinder uns verachten werden, weil wir die ganzen 26Rohstoffe der Zukunft verplempert und das Klima zerstört haben, und wie verwöhnt, hirnverbrannt, selbstsüchtig und ekelhaft wir alle sind, und wie mir das alles stinkt und so weiter und so fort …
Wissen Sie, wenn ich mich für eine solche Haltung entscheide, kein Problem, die haben ja viele von uns – nur liegt ein solches Denken dermaßen auf der Hand, dass es gar keine Entscheidung sein muss. Ein solches Denken ist meine angeborene Standardeinstellung. Es ist die automatische, unbewusste Haltung, in der ich die langweiligen, frustrierenden und überfüllten Teile des Erwachsenendaseins erlebe, wenn ich auf Autopilot laufe und unbewusst glaube, ich bin der Mittelpunkt der Welt, und meine unmittelbaren Bedürfnisse und Gefühle sollten in der Welt Priorität haben.
Das Dumme ist bloß, daß man solche Situationen offenbar verschieden sehen kann. Noch mal zum Stau und all den Fahrzeugen im Leerlauf, die mir den Weg versperren: Es ist durchaus 27denkbar, dass manche dieser SUV-Fahrer irgendwann schreckliche Autounfälle erlebt haben und davon dermaßen traumatisiert sind, dass ihre Therapeuten ihnen geradezu verordnet haben, sich große, schwere SUVs zuzulegen, damit sie sich sicher genug fühlen und fahren können; oder dass der Hummer, der mich gerade ausgebremst hat, von einem Fahrer gefahren wird, der ein kleines krankes Kind hinter sich sitzen hat, mit dem er so schnell wie möglich ins Krankenhaus rast und der demnach in weit größerer und legitimerer Eile ist als ich – faktisch bin ich ihm im Weg.
Ich kann mich auch mit der Wahrscheinlichkeit befassen, dass alle anderen in der Kassenschlange genauso genervt und frustriert sind wie ich und dass manche von ihnen ein insgesamt schwereres, öderes oder leidvolleres Leben führen als ich. Und so weiter.
Noch einmal: Bitte glauben Sie nicht, ich wollte hier den Moralapostel spielen oder behaupten, Sie »sollten« so denken, oder irgendjemand 28würde von Ihnen erwarten, automatisch so zu handeln, denn das ist schwer, es kostet Mühe und Selbstüberwindung, und wenn Sie mir ähnlich sind, dann schaffen Sie das an manchen Tagen nicht oder wollen es schlicht und einfach nicht.
An den meisten Tagen, an denen Sie aufmerksam genug sind und die Wahl haben, können Sie sich aber entscheiden, die fette, bräsige, aufgebrezelte Frau, die in der Supermarktschlange gerade ihr Kind angeschnauzt hat, mit anderen Augen zu sehen – vielleicht ist sie sonst nicht so; vielleicht hat sie gerade drei Nächte lang nicht geschlafen, weil sie ihrem an Knochenkrebs sterbenden Mann die Hand gehalten hat; vielleicht hat genau diese Frau auch den unterbezahlten Job im Straßenverkehrsamt und hat gestern erst Ihrem Mann geholfen, durch einen kleinen Akt bürokratischer Güte einen albtraumhaften Papierkrieg zu beenden.
Das alles ist natürlich unwahrscheinlich, 29deswegen aber nicht unmöglich – es hängt nur alles von Ihrer Perspektive ab. Wenn Sie automatisch sicher sind, dass Sie wissen, was Wirklichkeit ist und wer und was wirklich wichtig ist – wenn Sie gemäß Ihrer Standardeinstellung operieren wollen, dann werden Sie wahrscheinlich genauso wenig wie ich über Alternativen nachdenken, die nicht sinnlos sind und nerven. Wenn Sie aber wirklich zu denken gelernt haben und aufmerksam sein können, dann wissen Sie, dass Sie eine Wahl haben. Dann steht es in Ihrer Macht, eine proppenvolle, heiße und träge Konsumhölle als nicht nur sinnvoll, sondern heilig anzusehen, weil sie mit einer Energie geladen ist, die Sterne erschaffen konnte – Anteilnahme und Liebe, die unterschwellige Einheit aller Dinge.
Nicht dass so ein mystischer Murks unbedingt wahr wäre: Im Vollsinn des Wortes wahr ist nur, dass es Ihre Entscheidung ist, wie Sie die Dinge sehen wollen. Und das, behaupte ich, ist die Freiheit wahrer Bildung, der Selbsterziehung 30zur Anpassung: Es wird Ihre bewusste Entscheidung, was Sinn hat und was nicht. Sie entscheiden, was Sie glauben …
Es gibt nämlich noch eine Wahrheit. In den alltäglichen Grabenkämpfen des Erwachsenendaseins gibt es keinen Atheismus. Es gibt keinen Nichtglauben. Jeder betet etwas an. Aber wir können wählen, was wir anbeten. Und es ist ein äußerst einleuchtender Grund, sich dabei für einen Gott oder ein höheres Wesen zu entscheiden – ob das nun Jesus ist, Allah, Jahwe, die Wicca-Göttin, die »vier edlen Wahrheiten« oder eine Reihe unantastbarer ethischer Prinzipien -, denn so ziemlich alles andere, was Sie anbeten, frisst Sie bei lebendigem Leib auf.
Wenn Sie Geld und Güter anbeten – wenn hierin für Sie der wahre Sinn des Lebens liegt -, dann können Sie davon nie genug kriegen. Nie das Gefühl haben, Sie hätten genug. Das ist die Wahrheit.
Wenn Sie Ihren Körper, die Schönheit und 31erotische Reize anbeten, dann werden Sie sich immer hässlich finden, und wenn sich Zeit und Alter bemerkbar machen, werden Sie tausend Tode sterben, bevor man Sie dann wirklich unter die Erde bringt.
Auf einer Ebene kennen wir alle das schon – es liegt in Form von Mythen, Sprichwörtern, Klischees, Binsenweisheiten, Epigrammen und Parabeln kodiert vor: als Skelett jeder großen Erzählung. Knifflig ist nur, sich die Wahrheit im Alltag bewusst zu halten.
Wenn Sie die Macht anbeten, werden Sie sich schwach und ängstlich fühlen und immer mehr Macht über andere brauchen, um die Angst in Schach zu halten.
Wenn Sie Ihren Intellekt anbeten und als schlau gelten wollen, werden Sie sich am Ende dumm vorkommen, als Hochstapler, dem man jeden Augenblick auf die Schliche kommen wird.
Und so weiter.
Wissen Sie, das Heimtückische an diesen 32Formen der Anbetung ist nicht, dass sie böse oder sündhaft wären, sondern dass sie so unbewusst sind.
Sie sind Standardeinstellungen.
Sie sind Glaubensformen, in die man nach und nach einfach so hineinschlittert, jeden Tag ein bisschen mehr; man wird immer wählerischer bei dem, was man sieht und wie man Wert beurteilt, ohne eigentlich wahrzunehmen, dass man genau das tut. Und die sogenannte »wirkliche Welt« hält einen auch nicht davon ab, gemäß diesen Standardeinstellungen zu operieren, denn die sogenannte »wirkliche Welt« der Männer, des Geldes und der Macht läuft wie geschmiert dank dem Öl aus Angst, Verachtung, Frustration, Gier und Selbstverherrlichung. Unsere heutige Kultur hat der spezifischen Nutzung dieser Kräfte außerordentlichen Reichtum, Komfort und individuelle Freiheit zu verdanken. Nämlich die Freiheit für jeden von uns, Herrscher seines winzigen, schädelgroßen Königreichs zu sein, allein im 33Mittelpunkt der Schöpfung. Diese Art Freiheit hat vieles, was für sie spricht.
Aber es gibt natürlich verschiedene Formen der Freiheit, und die kostbarste wird in der großen, weiten Welt des Siegens, Leistens und Blendens selten erwähnt.
Die wirklich wichtige Freiheit erfordert Aufmerksamkeit und Offenheit und Disziplin und Mühe und die Empathie, andere Menschen wirklich ernst zu nehmen und Opfer für sie zu bringen, wieder und wieder, auf unendlich verschiedene Weisen, völlig unsexy, Tag für Tag.
Das ist wahre Freiheit.
Das heißt es, Denken zu lernen.
Die Alternative ist die Gedankenlosigkeit, die Standardeinstellung, die Tretmühle – das ständige Nagen, etwas Unendliches gehabt und verloren zu haben.
Ich weiß, dass das alles nicht so witzig, flott und inspirierend klingt, wie zentrale Thesen von Abschlussreden klingen sollten. Soweit ich sehe, ist es aber die Wahrheit, bei der jede 34Menge rhetorischer Schnickschnack weggeschnippelt worden ist. Davon können Sie natürlich halten, was Sie wollen. Aber tun Sie es bitte nicht als Moralpredigt mit erhobenem Zeigefinger ab. Es geht hier nicht um Moral, Religion, Dogmen oder wichtigtuerische Überlegungen zum Leben nach dem Tod.
Die Wahrheit im Vollsinn des Wortes dreht sich um das Leben vor dem Tod. Sie dreht sich um die Frage, wie man dreißig oder sogar fünfzig Jahre alt wird, ohne sich die Kugel zu geben. Sie dreht sich um den wahren Wert wahrer Bildung, die nichts mit Noten oder Abschlüssen, dafür aber alles mit schlichter Offenheit zu tun hat – Offenheit für das Wahre und Wesentliche, das sich vor unser aller Augen verbirgt, sodass wir uns immer wieder daran erinnern müssen:
»Das hier ist Wasser.«
»Das hier ist Wasser.«
»Hinter diesen Eskimos steckt vielleicht viel mehr.«
35Es ist unvorstellbar schwer – tagein, tagaus bewusst und erwachsen zu leben.
Und das bedeutet, dass noch ein Klischee wahr ist: Wir lernen wirklich fürs Leben – und die Ausbildung geht jetzt erst los.
Ich wünsche Ihnen weit mehr als Glück.
39There are these two young fish swimming along and they happen to meet an older fish swimming the other way, who nods at them and says, »Morning, boys. How's the water?« And the two young fish swim on for a bit, and then eventually one of them looks over at the other and goes, »What the hell is water?«
This is a standard requirement of US commencement speeches, the deployment of didactic little parable-ish stories.
The story thing turns out to be one of the better, less bullshitty conventions of the genre … 40but if you're worried that I plan to present myself here as the wise old fish explaining what water is to you younger fish, please don't be.
I am not the wise old fish.
The immediate point of the fish story is merely that the most obvious, ubiquitous, important realities are often the ones that are hardest to see and talk about. Stated as an English sentence, of course, this is just a banal platitude – but the fact is that, in the day-to-day trenches of adult existence, banal platitudes can have a life-or-death importance.
Or so I wish to suggest to you on this dry and lovely morning.
Of course the main requirement of speeches like this is that I'm supposed to talk about your liberal arts education's meaning, to try to explain why the degree you're about to receive has actual human value instead of just a material payoff.
So let's talk about the single most pervasive cliché in the commencement speech genre, 41which is that a liberal arts education is not so much about filling you up with knowledge as it is about, quote, »teaching you how to think.« If you're like me as a college student, you've never liked hearing this, and you tend to feel a bit insulted by the claim that you've needed anybody to teach you how to think, since the fact that you even got admitted to a college this good seems like proof that you already know how to think.
But I'm going to posit to you that the liberal arts cliché turns out not to be insulting at all, because the really significant education in thinking that we're supposed to get in a place like this isn't really about the capacity to think, but rather about the choice of what to think about. If your complete freedom of choice regarding what to think about seems too obvious to waste time talking about, I'd ask you to think about fish and water, and to bracket, for just a few minutes, your skepticism about the value of the totally obvious.
42Here's another didactic little story.
There are these two guys sitting together in a bar in the remote Alaskan wilderness. One of the guys is religious, the other's an atheist, and they're arguing about the existence of God with that special intensity that comes after about the fourth beer. And the atheist says, »Look, it's not like I don't have actual reasons for not believing in God. It's not like I haven't ever experimented with the whole God-and-prayer thing. Just last month, I got caught off away from the camp in that terrible blizzard, and I couldn't see a thing, and I was totally lost, and it was fifty below, and so I did, I tried it: I fell to my knees in the snow and cried out, God, if there is a God, I'm lost in this blizzard, and I'm gonna die if you don't help me!«
And now, in the bar, the religious guy looks at the atheist all puzzled: »Well then, you must believe now,« he says. »After all, here you are, alive.«
The atheist rolls his eyes like the religious 43guy is a total simp: »No, man, all that happened was that a couple Eskimos just happened to come wandering by, and they showed me the way back to the camp.«
It's easy to run this story through a kind of standard liberal arts analysis: The exact same experience can mean two completely different things to two different people, given those people's two different belief templates and two different ways of constructing meaning from experience. Because we prize tolerance and diversity of belief, nowhere in our liberal arts analysis do we want to claim that one guy's interpretation is true and the other guy's is false or bad. Which is fine, except we also never end up talking about just where these individual templates and beliefs come from, meaning, where they come from inside the two guys. As if a person's most basic orientation toward the world and the meaning of his experience were somehow automatically hardwired, like height or shoe size, or absorbed from the culture, like 44language. As if how we construct meaning were not actually a matter of personal, intentional choice, of conscious decision.
Plus, there's the matter of arrogance.
The nonreligious guy is so totally, obnoxiously confident in his dismissal of the possibility that the Eskimos had anything to do with his prayer for help. True, there are plenty of religious people who seem arrogantly certain of their own interpretations, too They're probably even more repulsive than atheists, at least to most of us here, but the fact is that religious dogmatists' problem is exactly the same as the story's atheist's – arrogance, blind certainty, a closed-mindedness that's like an imprisonment so complete that the prisoner doesn't even know he's locked up.
The point here is that I think this is one part of what the liberal arts mantra of »teaching me how to think« is really supposed to mean: to be just a little less arrogant, to have some »critical awareness« about myself and my certainties … 45because a huge percentage of the stuff that I tend to be automatically certain of is, it turns out, totally wrong and deluded.
I have learned this the hard way, as I predict you graduates will, too. Here's one example of the utter wrongness of something I tend to be automatically sure of. Everything in my own immediate experience supports my deep belief that I am the absolute center of the universe, the realest, most vivid and important person in existence. We rarely think about this sort of natural, basic self-centeredness, because it's so socially repulsive, but it's pretty much the same for all of us, deep down. It is our default setting, hardwired into our boards at birth. Think about it: There is no experience you've had that you were not at the absolute center of. The world as you experience it is there in front of you, or behind you, to the left or right of you, on your TV or your monitor, or whatever. Other people's thoughts and feelings have to be communicated to you somehow, but your 46own are so immediate, urgent, real. You get the idea.
But please don't worry that I'm getting ready to preach to you about compassion or other-directedness or all the so-called »virtues.« This is not a matter of virtue – it's a matter of my choosing to do the work of somehow altering or getting free of my natural, hardwired default setting, which is to be deeply and literally self-centered, and to see and interpret everything through this lens of self. People who can adjust their natural default setting this way are often described as being, quote, »well-adjusted,« which I suggest to you is not an accidental term.
Given the academic setting here, an obvious question is how much of this work of adjusting our default setting involves actual knowledge or intellect. The answer, not surprisingly, is that it depends what kind of knowledge we're talking about.
Probably the most dangerous thing about 47an academic education, at least in my own case, is that it enables my tendency to over-intellectualize stuff, to get lost in abstract thinking instead of simply paying attention to what's going on in front of me. Instead of paying attention to what's going on inside me. As I'm sure you guys know by now, it is extremely difficult to stay alert and attentive instead of getting hypnotized by the constant monologue inside your head. What you don't yet know are the stakes of this struggle. In the twenty years since my own graduation, I have come gradually to understand these stakes, and to see that the liberal arts cliché about »teaching you how to think« was actually shorthand for a very deep and important truth. »Learning how to think« really means learning how to exercise some control over how and what you think. It means being conscious and aware enough to choose what you pay attention to and to choose how you construct meaning from experience. Because if you cannot or will not exercise this 48kind of choice in adult life, you will be totally hosed.
Think of the old cliché about the mind being »an excellent servant but a terrible master.« This, like many clichés, so lame and banal on the surface, actually expresses a great and terrible truth. It is not the least bit coincidental that adults who commit suicide with firearms nearly always shoot themselves in … the head. And the truth is that most of these suicides are actually dead long before they pull the trigger. And I submit that this is what the real, no-shit value of your liberal arts education is supposed to be about: How to keep from going through your comfortable, prosperous, respectable adult life dead, unconscious, a slave to your head and to your natural default setting of being uniquely, completely, imperially alone, day in and day out. That may sound like hyperbole, or abstract nonsense. So let's get concrete. The plain fact is that you graduating seniors do not yet have any clue what »day in, day out« really 49means. There happen to be whole large parts of adult American life that nobody talks about in commencement speeches. One such part involves boredom, routine, and petty frustration. The parents and older folks here will know all too well what I'm talking about.
By way of example, let's say it's an average adult day, and you get up in the morning, go to your challenging, white-collar college-graduate job, and you work hard for nine or ten hours, and at the end of the day you're tired, and you're stressed out, and all you want is to go home and have a good supper and maybe unwind for a couple hours and then hit the rack early because you have to get up the next day and do it all again. But then you remember there's no food at home – you haven't had time to shop this week because of your challenging job – and so now after work you have to get in your car and drive to the supermarket. It's the end of the workday, and the traffic's very bad, so getting to the store takes way longer than it 50should, and when you finally get there, the supermarket is very crowded, because of course it's the time of day when all the other people with jobs also try to squeeze in some grocery shopping, and the store is hideously, fluorescently lit, and infused with soul-killing Muzak or corporate pop, and it's pretty much the last place you want to be, but you can't just get in and quickly out. You have to wander all over the huge, overlit store's crowded aisles to find the stuff you want, and you have to maneuver your junky cart through all these other tired, hurried people with carts, and of course there are also the glacially slow old people and the spacey people and the ADHD kids who all block the aisle, and you have to grit your teeth and try to be polite as you ask them to let you by, and eventually, finally, you get all your supper supplies, except now it turns out there aren't enough checkout lanes open even though it's the end-of-day rush, so the checkout line is incredibly long. Which is stupid and infuriating, 51but you can't take your fury out on the frantic lady working the register, who is overworked at a job whose daily tedium and meaninglessness surpass the imagination of any of us here at a prestigious college … but anyway, you finally get to the checkout line's front, and you pay for your food, and wait to get your check or card authenticated by a machine, and you get told to »Have a nice day« in a voice that is the absolute voice of death. And then you have to take your creepy flimsy plastic bags of groceries in your cart with the one crazy wheel that pulls maddeningly to the left, all the way out through the crowded, bumpy, littery parking lot, and try to load the bags in your car in such a way that everything doesn't fall out of the bags and roll around in the trunk on the way home, and then you have to drive all the way home through slow, heavy, SUV-intensive rush-hour traffic, et cetera, et cetera.
Everyone here has done this, of course – but it hasn't yet been part of you graduates' actual 52life routine, day after week after month after year. But it will be, and many more dreary, annoying, seemingly meaningless routines besides …
Except that's not the point. The point is that petty, frustrating crap like this is exactly where the work of choosing comes in. Because the traffic jams and crowded aisles and long checkout lines give me time to think, and if I don't make a conscious decision about how to think and what to pay attention to, I'm gonna be pissed and miserable every time I have to food-shop, because my natural default setting is that situations like this are really all about me, about my hungriness and my fatigue and my desire to just get home, and it's going to seem, for all the world, like everybody else is just in my way, and who the fuck are all these people in my way? And look at how repulsive most of them are and how stupid and cow-like and dead-eyed and nonhuman they seem here in the checkout line, or at how annoying and rude 53it is that people are talking loudly on cell phones in the middle of the line, and look at how deeply unfair this is: I've worked really hard all day and I'm starved and tired and I can't even get home to eat and unwind because of all these stupid goddamn people.
Or, of course, if I'm in a more socially conscious, liberal arts form of my default setting, I can spend time in the end-of-the-day traffic jam being angry and disgusted at all the huge, stupid, lane-blocking SUVs and Hummers and V-12 pickup trucks burning their wasteful, selfish, forty-gallon tanks of gas, and I can dwell on the fact that the patriotic or religious bumper stickers always seem to be on the biggest, most disgustingly selfish vehicles driven by the ugliest, most inconsiderate and aggressive drivers, who are usually talking on cell phones as they cut people off in order to get just twenty stupid feet ahead in the traffic jam, and I can think about how our children's children will despise us for wasting all the future's 54fuel and probably screwing up the climate, and how spoiled and stupid and selfish and disgusting we all are, and how it all just sucks, and so on and so forth …
Look, if I choose to think this way, fine, lots of us do so – except that thinking this way tends to be so easy and automatic it doesn't have to be a choice. Thinking this way is my natural default setting. It's the automatic, unconscious way that I experience the boring, frustrating, crowded parts of adult life when I'm operating on the automatic, unconscious belief that I am the center of the world and that my immediate needs and feelings are what should determine the world's priorities.
The thing is that there are obviously different ways to think about these kinds of situations. In this traffic, all these vehicles stuck and idling in my way: It's not impossible that some of these people in SUVs have been in horrible auto accidents in the past and now find driving so traumatic that their therapist has all but 55ordered them to get a huge, heavy SUV so they can feel safe enough to drive; or that the Hummer that just cut me off is maybe being driven by a father whose little child is hurt or sick in the seat next to him, and he's trying to rush to the hospital, and he's in a way bigger, more legitimate hurry than I am – it is actually I who am in his way.
Or I can choose to force myself to consider the likelihood that everyone else in the supermarket's checkout line is probably just as bored and frustrated as I am, and that some of these people actually have much harder, more tedious or painful lives than I do, overall. And so on.
Again, please don't think that I'm giving you moral advice, or that I'm saying you are »supposed to« think this way, or that anyone expects you to just automatically do it, because it's hard, it takes will and mental effort, and if you're like me, some days you won't be able to do it, or else you just flat-out won't want to.
56But most days, if you're aware enough to give yourself a choice, you can choose to look differently at this fat, dead-eyed, over-madeup lady who just screamed at her kid in the checkout line – maybe she's not usually like this; maybe she's been up three straight nights holding the hand of her husband, who's dying of bone cancer, or maybe this very lady is the low-wage clerk at the motor vehicles department who just yesterday helped your spouse resolve a nightmarish red-tape problem through some small act of bureaucratic kindness.
Of course, none of this is likely, but it's also not impossible – it just depends what you want to consider. If you're automatically sure that you know what reality is and who and what is really important – if you want to operate on your default setting – then you, like me, probably will not consider possibilities that aren't pointless and annoying. But if you've really learned how to think, how to pay attention, 57then you will know you have other options. It will actually be within your power to experience a crowded, hot, slow, consumer-hell-type situation as not only meaningful, but sacred, on fire with the same force that lit the stars – compassion, love, the subsurface unity of all things.
Not that that mystical stuff's necessarily true: The only thing that's capital-T True is that you get to decide how you're going to try to see it. This, I submit, is the freedom of real education, of learning how to be well-adjusted: You get to consciously decide what has meaning and what doesn't. You get to decide what to worship …
Because here's something else that's true. In the day-to-day trenches of adult life, there is actually no such thing as atheism. There is no such thing as not worshipping. Everybody worships. The only choice we get is what to worship. And an outstanding reason for choosing some sort of god or spiritual-type thing to 58worship – be it J.C. or Allah, be it Yahweh or the Wiccan mother-goddess or the Four Noble Truths or some infrangible set of ethical principles – is that pretty much anything else you worship will eat you alive.
If you worship money and things – if they are where you tap real meaning in life – then you will never have enough. Never feel you have enough. It's the truth.
Worship your own body and beauty and sexual allure and you will always feel ugly, and when time and age start showing, you will die a million deaths before they finally plant you.
On one level we all know this stuff already – it's been codified as myths, proverbs, clichés, bromides, epigrams, parables: the skeleton of every great story. The trick is keeping the truth up front in daily consciousness.
Worship power – you will feel weak and afraid, and you will need ever more power over others to keep the fear at bay.
Worship your intellect, being seen as smart – 59you will end up feeling stupid, a fraud, always on the verge of being found out.
And so on.
Look, the insidious thing about these forms of worship is not that they're evil or sinful; it is that they are inconscious.
They are default settings.
They're the kind of worship you just gradually slip into, day after day, getting more and more selective about what you see and how you measure value without ever being fully aware that that's what you're doing. And the so-called »real world« will not discourage you from operating on your default settings, because the so-called »real world« of men and money and power hums along quite nicely on the fuel of fear and contempt and frustration and craving and the worship of self. Our own present culture has harnassed these forces in ways that have yielded extraordinary wealth and comfort and personal freedom. The freedom all to be lords of our tiny skull-sized kingdoms, alone at the 60center of all creation. This kind of freedom has much to recommend it.
But of course there are all different kinds of freedom, and the kind that is most precious you will not hear much talked about in the great outside world of winning and achieving and displaying.
The really important kind of freedom involves attention, and awareness, and discipline, and effort, and being able truly to care about other people and to sacrifice for them, over and over, in myriad petty little unsexy ways, every day.
That is real freedom.
That is being taught how to think.
The alternative is unconsciousness, the default setting, the »rat race« – the constant, gnawing sense of having had and lost some infinite thing.
I know that this stuff probably doesn't sound fun and breezy or grandly inspirational the way a commencement speech's central stuff 61should sound. What it is, so far as I can see, is the truth, with a whole lot of rhetorical bullshit pared away. Obviously, you can think of it whatever you wish. But please don't dismiss it as some finger-wagging Dr. Laura sermon. None of this is about morality, or religion, or dogma, or big fancy questions of life after death.
The capital-T Truth is about life before death. It is about making it to thirty, or maybe even fifty, without wanting to shoot yourself in the head. It is about the real value of a real education, which has nothing to do with grades or degrees and everything to do with simple awareness – awareness of what is so real and essential, so hidden in plain sight all around us, that we have to keep reminding ourselves over and over:
»This is water.«
»This is water.«
»These Eskimos might be much more than they seem.«
62It is unimaginably hard to do this – to live consciously, adultly, day in and day out.
Which means yet another cliché is true: Your education really is the job of a lifetime, and it commences – now.
I wish you way more than luck.